Birke
Kaum ein Baum begegnet uns fröhlicher und so hoffnungsvoll wie die Birke. Sie fällt durch ihre weiße Rinde ganz besonders auf, sie ist einfach unverwechselbar.
Die Menschen haben sie von jeher geliebt, ist sie doch der Inbegriff des Frühlings. Die Birke hat den Menschen lange Zeiten eng begleitet. Sie haben es verstanden, die Säfte zu nutzen, die Knospen, die Blätter, die Rinde, das Reisig und das Birkenpech.
Nach den Eiszeiten waren die Birken die ersten Bäume, die zur Wiederbewaldung führten. So darf man sie ruhig auch heute noch als Mutter des Waldes ansprechen. In Skandinavien, dem Baltikum und in Russland genießt die Birke als Baum eine große Wertschätzung.
Ihre Wirkstoffe
In Mitteleuropa haben die Förster sie lange als Forstunkraut bekämpft, heute schätzen sie den vitalen Baum als Pionier, der kahlgeschlagene oder durch Windbruch freie Flächen schnell besiedelt, den Boden vor Erosion bewahrt und durch seine lichten Kronen den aufkommenden Waldbäumen Schutz gewährt. An den lichten Waldrändern wirkt die elastische Birke als wichtiger Windbrecher.
Die Medizin hat sie lange ignoriert und erst moderne Forschungsergebnisse konnten die Wirkungsprinzipien erklären, die die Erfahrungsmedizin schon längst wusste. Die Blätter (Betulae folium) der meisten Birkenarten enthalten vor allem Flavonoide, außerdem Saponine, Gerbstoffe, ätherischen Öle und Vitamin C. Die Rinde enthält Phytosterine sowie Terpene wie Betulin, Betulinsäure und Lupeol; der Rindensaft u. a. Invertzucker, sodass dieser auch vergoren werden kann.
Vor allem die Flavonoide – sie sind in den Blättern und in der Rinde enthalten – erhöhen die Harnmenge und verbessern die Durchströmung der Harnwege, so dass es zu einer vermehrten Wasserausscheidung kommt.
Das Wesen der Birke
Betrachten wir einen Birkenbaum, so fällt uns die fließende Bewegung auf, eine Birke ist wie eine Tänzerin.
Tanzen erfordert Körperbeherrschung, Disziplin und Ausdauer. So ist die Birke bei ihrer scheinbaren Leichtigkeit eine Kämpfernatur, die sich wohl behaupten kann, aber auch stärkeren Kräften elastisch ausweicht. Sie kommt auf extremen Lagen zurecht, kann sogar in Felsspalten oder auf Mauerkronen existieren. Als Baum des Nordens und als winterhärtester Laubbaum überhaupt, hält sie selbst der eisigen Kälte der Tundra stand.
Fließend, wie sich die Birke in ihrem Habitus und in ihren Bewegungen darstellt, entspricht ihr Wesen dem Wasser.
Anwendungsgebiete
Birkenblätter werden zur Durchspülung bei bakteriellen und entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege und bei Nierengrieß, also bei kleinen Harnleitersteinen, angewendet. Birke gilt als besonders gut verträglich für das Nierengewebe. Ferner wirken Birkenblätter unterstützend bei rheumatischen Beschwerden. Sie wird zur Anregung der Niere und zur Erhöhung der Harnmenge eingesetzt. Wasseransammlungen im Körper kann sie nicht austreiben, das widerspricht ihrem Wesen, denn sie neigt selbst dazu in ihren Wurzeltellern Wasser anzuziehen und zu speichern.
Zur Ausschwemmung von Wasseransammlungen im Gewebe (Ödeme) werden Birkenblätter darum meist kombiniert mit Brennnessel, Ackerschachtelhalm, Echter Goldrute oder Queckenwurzeln.
Mit Birkenblättern ebenso mit Knospen und Rinden von jungen Zweigen, steht uns ein wichtiger Helfer bei Rheumatismus, Gicht und Nierenleiden zur Verfügung. Als Kräuterpulver oder als Tee kann sie vielen Tieren helfen, die wegen einseitiger Sättigung durch Trockenfutter an latenter Dehydrierung leiden und dadurch Probleme mit Gelenken, dem Stoffwechsel und mit Haut und Fell haben.
Wenn Birkenbäume zurückgeschnitten oder gar gefällt werden, sollten Pferdehalter ihren Pferden Holz und Reisig zum Kleinnagen ins Paddock oder auf die Koppel geben. Gerade jetzt im Frühjahr ist das Reisig mit den entwickelten Kätzchen eine wertvolle Futterergänzung, die saftige Rinde ist reich an Mineralstoffen und Spurenelemente, die männlichen und weiblichen Blütenstande (Kätzchen) enthalten wertvolle Aminosäuren.
Wenn die Birke im Herbst ihre Blätter goldgelb gefärbt abwirft, sind diese besonders reich an antioxidativen Stoffen, denn nach der Rückbildung des Chlorophylls schützt sich der Baum damit vor der UV-Strahlung. Hierin liegt eines der Geheimnisse der Birke: UV-Schutz.
An ihren natürlichen Standorten ist sie meist starker Bestrahlung ausgesetzt. Der Stamm schützt sich durch die Einlagerung von Betulin, das die weiße Farbe verursacht, vor der Strahlung der im Norden meist tiefstehenden Sonne und sie wehrt den Befall von Schädlingen ab. Betulin hat außerdem eine bakterizide und virostatische Wirkung. Extrakte aus Birkenrinde sind außerdem in der Lage, sensible Haut weniger lichtempfindlich zu machen, also die Photosensibilität heraufzusetzen.
Im Frühling ist die beste Zeit, die Kräfte der Birke an sich selbst auszuprobieren. Knabbern sie ruhig einmal an den Knospen der Kätzchen, und wenn die Birke ausgeschlagen hat, probieren Sie die jungen Birkenblätter im Salat. Lassen Sie sich mal überraschen, auf jeden Fall macht’s schön!
Manfred Heßel, Diplom-Ökologe