Schwarzer Holunder
Familie der Moschuskrautgewächse
Sambucus nigra
Als Strauch oder Baum wird der Holunder sieben bis zehn Meter hoch. Holunder wächst meist als Strauch, selten in Baumform. Die junge Rinde ist glatt, später reißt sie borkig auf. Wer mit der Bestimmung des schwarzen Holunders unsicher ist, bricht einen Zweig ab. Der schwarze Holunder enthält ein luftiges, weißes Mark.
Ein Holunderstamm kann bis zu 100 Jahre alt werden. Da der Holunder aus seinem knorrigen Wurzelstock immer wieder austreibt, kann ein Baum sich immer wieder verjüngen, regenerieren und ein deutlich höheres Alter erreichen.
Bereits in der Antike wurde Holundersaft benutzt, um grauen Haaren vorzubeugen. Hundezüchter nutzen den hohen Eisengehalt des Holundersaftes, um die Melaninfärbung, also die dunkle Pigmentierung von Haut und Haaren, zu unterstützen und um Stichelhaare zu reduzieren.
Blüten und Beeren in der Therapie
Die Beeren stärken das Immunsystem und können als Saft, Sirup, Mus und Gelee genutzt werden oder auch als getrocknete Beeren. Sie enthalten Flavonoide, Anthocyanglykoside, Bitterstoffe und Vitamine (A, B1, B2, C). Die Blüten nutzt man als schweiß- treibendes, fiebersenkendes und beruhigendes Mittel. Sie enthalten Flavonoide, Hydroxyzimtsäure-derivate, ätherisches Öl und Gerbstoffe.
Holundertee ist ein starkes Mittel, um festsitzenden Schleim in den Bronchien zu lösen und das Abhusten zu erleichtern. Dazu sollte der Tee möglichst warm verabreicht werden, ideal ist das Inhalieren, dabei werden auch die Nebenhöhlen befreit.
Ein Schutzbaum für Haus und Hof
Viele Volksbräuche zeigen den uralten Glauben an die Schutzkraft des Holunders und der Verbundenheit mit den Menschen. Man wusste in ganz Europa, dass der Holunder die guten Hausgeister beherbergt und der Baum Haus und Hof hütet. Davon zeugen prächtige Holunderexemplare an alten Bauernhäusern.
Der Holler im Hausgarten galt als Lebensbaum und als Schutzbaum. Er ist ein Abwehrmittel gegen Zauber und schwarze Magie, er schützte vor Feuer und Blitzeinschlag. Daher brachte es großes Unglück, wenn man einen Holunder verstümmelte oder gar aushackte.
Frau Holle und der Holunder
Der Holunder ist der Baum der großen Göttin Holla oder Hulda. Wir kennen sie als Frau Holle aus dem Märchen der Gebrüder Grimm. Dort erscheint sie als Urbild der weisen und gutmütigen Mutter mit ihren nährenden und heilenden Aspekten. Das Märchen von der Frau Holle ist eine kosmische Erzählung, die den Jahreskreis darstellt und die Entwicklung des Mädchens Marie mit seiner dunklen und seiner hellen Seite zeigt. Neben den Aspekten des Sonnenjahrs repräsentieren die beiden Mädchen Marie starke Bezüge zum Mond, der einmal licht, freundlich und in der zunehmenden Phase als fleißig charakterisiert wird. Später ist er unwillig, abnehmend und faul, bis er als Neumond gar nichts mehr tut. Zunehmender und abnehmender Mond verhalten sich so, wie Goldmarie und Pechmarie, genauso, wie es ihrem Wesen entspricht.
Ein Baum der Verbundenheit
So wie der Holunder seine strahlenden Blüten in schwarze Beeren wandelt, so ist der ganze Baum ein Baum der Verwandlung und des Übergangs, ein Mittler zwischen den Welten. Er überschüttet uns zur Blütezeit mit weißen Sternchen und er biegt uns im Spätsommer seine reifen Früchte hingebungsvoll entgegen. Wir kennen zwar keine Holunderalleen, aber es gibt wundervolle Hohlwege, die von Holunder überwachsen sind und in die man eintauchen kann - in die Kraft und den Geist des Holunders.
Der Holunder reckt seine Zweige hin zum Kosmos und hat doch eine enge Verbindung zu den Erdkräften. Darum ist der Holunder ein Baum der Verbundenheit. Er ist der Baum, in dem sich die Hüter des Hauses und Hofes niederlassen und sowohl die Lebensgemeinschaft Mensch-Tier und das Individuum beschützen.
Menschen und Tieren, die häufig an Erkältungskrankheiten leiden, kommt der Holunder in direkter Weise entgegen. Seine Energien helfen, die Wärmeenergien zu regulieren, er wirkt besänftigend und kühlend, auch auf aufbrausende Gemüter.
Der Holunder nährt das ganze Wesen, er wurzelt im Herzen, er hilft uns, zu uns selbst zu finden, er schöpft aus der nie versiegenden Lebensquelle.
Manfred Hessel, Diplom-Ökologe